Du arbeitest hart an etwas, aber du wirst nicht besser darin?

Du möchtest in etwas besser werden, du arbeitest hart daran, aber du wirst nicht besser darin.

Wie arbeitest du daran, um besser zu werden? Hast du schon mal von „deliberate practice“ (bewusste Übung) gehört?

Deliberate practice: bewusstes und konzentriertes Üben

Bei dem Konzept deliberate practice geht es darum, dass du eine Sache nicht einfach so immer wieder übst, sondern mit Plan gezielt verschiedene Aspekte bewusst trainierst.

Da ich keine guten deutschsprachigen Informationen zu diesem Konzept gefunden habe, werde ich den englischen Ausdruck „deliberate practice“ verwenden.

Deliberate practice ist strukturiert und methodisch:

  • Zerlege die Fähigkeit, die du verbessern möchtest, in kleinere Teilfähigkeiten (sub skill oder component skill).
  • Überlege, wie du diese Teilfähigkeiten verbessern kannst.
  • Überlege, wie du Feedback zu deinen Übungen erhalten kannst. Das können Metriken sein oder ein Coach. Das Feedback ist essentieller Bestandteil der Methode.
  • Plane die Übungen.
  • Führe die Übungen konzentriert und bewusst durch.
  • Erwarte Fehler und reflektiere die Übungen.
  • Kombiniere die Teilfähigkeiten.

Deliberate practice ist anstrengend und unbequem.
Du übst und wirst Fehler machen. Schaffe dir eine Lernumgebung, in der du Fehler machen darfst.

Deliberate practice beinhaltet Pausenzeiten. Es ist anstrengend, plane ausreichend Ruhezeiten ein. Du brauchst die Ruhezeiten auch, damit sich das Gelernte setzen kann. Es ist wie beim Sport und den Muskeln, die Muskeln bilden sich in den Ruhezeiten.

Mit deliberate practice kannst du besser werden. Es ist jedoch kein Wundermittel um an die Weltspitze zu gelangen. Es gehören noch andere Aspekte dazu. Ab einem bestimmten Level wenden alle solche Konzepte an.

Nun aber zu einem Beispiel einer Teilfähigkeit. Da es auf diesem Blog über technische Themen geht, geht es bei diesem Beispiel um technische Tools :).

Beispiel-Teilfähigkeit „technische Tools sicher nutzen können“

In meinem alten Beruf musste ich verschiedene Fehlersituationen beheben. In meinem Alltag hatte ich es mit unterschiedlichsten technischen Tools zu tun.
Ich musste wissen, wann ich sie wofür einsetzen konnte.
Ich musste wissen, wie ich die Informationen bekommen konnte, die ich brauchte.
Ich musste wissen, wie ich die Informationen lesen und einordnen konnte. Gerade im Fehlerfall durfte ich nicht lange überlegen, wie ich ein Tool verwende, sondern musste mich inhaltlich mit dem Fehler beschäftigen.

Ich habe bewusst die Handhabung der meisten Tools geübt, bewusst Logs gelesen und bewusst über die Nutzung der Tools nachgedacht. Ich habe Zeit dafür geplant, obwohl die Tage so voll waren, dass es die Zeit eigentlich nicht gab. Ich habe sie mir genommen, weil ich wusste, dass es für meine Arbeit absolut notwendig war. Im Gegenteil, ich habe dadurch Zeit gespart und konnte effektiver arbeiten. Das galt für jede dieser Übungen!

In vielen Bereichen ist das mit den technischen Tools nicht so ausgeprägt. Dennoch gibt es sie doch immer mehr, in jedem Bereich.

Ein Beispiel, das du kennst, ist Tippen. Falls du viel am Rechner arbeitest, viel schreiben musst, hast du schon mal überlegt, das Tippen zu verbessern? Es ist hilfreich, wenn das Tippen ohne Blick auf die Tastatur möglich ist oder das Tippen einfach schneller geht.

Wenn es sich nicht um ein technisches Werkzeug handelt, gibt es in deinem Bereich andere Werkzeuge und Methoden. Du bist durch regelmäßige Nutzung schon besser darin geworden. Vielleicht wolltest du dich weiter verbessern, aber hast gemerkt, dass es irgendwann nicht besser wurde und dich gefragt, ob und wie es besser werden kann.

Kein:e Spitzen-Expert:in, aber eine praktische Methode

Ericsson, Krampe und Tesch-Römer prägten das Konzept deliberate practice. Sie untersuchten Spitzenkräfte in verschiedenen Disziplinen. Auch in Publikationen anderer Personen sind die Beispiele Spitzenkräfte bzw. Personen, die eine Disziplin professionell ausüben.

Im Alltag oder Beruf haben wir oft nicht diese Zeit und diese Möglichkeiten. Die Methode ist komplex und aufwändig.

Dennoch finde ich die Erkenntnisse interessant und habe deliberate practice teilweise schon angewendet. Vielleicht hast du es auch schon mal angewendet. Falls nicht, vielleicht ist der Ansatz irgendwann für dich interessant und du möchtest es einmal ausprobieren.

📚 Quellen und zusätzliche Informationen

Deliberate practice

Tippen verbessern

  • Tipp10. Software, die ich damals zum Lernen des Zehnfingersystems verwendet habe.
  • Verschiedene Online-Spiele um schneller tippen zu lernen.

Verschiedene Lernmethoden

  • Carol Dweck: Selbstbild. Das Buch klingt auf den ersten Blick vielleicht wie eines der schrecklichen Selbsthilfe oder Karriere-Bücher. Aber das ist es nicht. Es hat mein Denken damals total umgehauen. Ich hatte/habe ein „fixed mindset“. Mir war nicht klar, dass viele Situationen auch anders, mit einem „growth mindset“, betrachtet werden können.
  • Barbara Oakley: Coursera-Kurs, vor Jahren habe ich am Kurs „Learning how to learn“ teilgenommen. Es scheint als ob der Kurs heute (26.03.2025) Richtiges Lernen lernen heißt.
  • Barbara Oakley: (K)ein Gespür für Zahlen. Ihr geht es darum, dass jede:r „Mathe lernen“ kann und sie stellt viele Techniken vor, die sie auch im e-learning-Kurs auf Coursera vorstellt.
  • Peter C. Brown: Das merk ich mir!

Im Artikel Bücher praktisch bekommen habe ich ein paar Tipps beschrieben wie du an die Bücher kommen kannst.