Dieser Blog existiert, weil technische Themen für viele Menschen unzugänglich sind. Ich versuche, sie mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln zugänglicher zu machen. Ich schreibe aus einer Positionierung, die nicht der des typischen weißen Tech-Guy entspricht, dem mensch häufig im Internet und im Alltag begegnet. Dadurch erhoffe ich mir eine Diversifizierung der Perspektive auf technische Themen und somit eine Vergrößerung der Zugangsmöglichkeiten. Das wirkt sich auf die Art der Ansprache und die Themenauswahl aus.
Zwar mache ich mir Gedanken über Zugänge, habe aber nicht gemerkt, dass ich bisher vor allem nur eine bestimmte Sicht auf Zugänge hatte.
Bevor du weiterliest: Welches Bild hast du, wenn du an nicht vorhandene Zugänge denkst?
TLDR*
Bisher habe ich beim Thema „Zugang“ vor allem an eine Mauer gedacht, die den Zugang blockiert. Es gibt jedoch weitere Möglichkeiten, das Thema zu betrachten. Betrachte ich beispielsweise den Weg, stellt sich die Frage, was nötig ist, um zur Ressource zu gelangen. Es wird sichtbar, dass ganz schön viel dazu gehören kann.
Der Artikel betrachtet das folgende Bild und fokussiert dabei jeweils verschiedene Elemente.

Zugang – meine bisherige Sicht: die Mauer(n)
Wenn ich an Zugänge bzw. deren Nichtvorhandensein denke, denke ich bisher vor allem an die Mauer. Tatsächlich stelle ich mir eine unsichtbare Hürde vor, die den Zugang zu einer Sache blockiert. Es können auch mehrere Mauern sein. Das wird jedoch erst sichtbar, wenn man eine überwunden hat. Der Zugang ist dann eine Tür in der Mauer, die offen ist oder die ich öffnen kann. Dabei dachte ich automatisch auch an Personen, die keinen Zugang haben und vor der Mauer stehen. Im Augenwinkel hatte ich durch Alltagserfahrungen außerdem die Personen, die keine solche Mauer vor sich haben.

Bisher liegt mein Fokus mit diesem Blog also vor allem auf der Hürde und möglichen Türen:
- Technik um der Technik willen -> praktischer und sinnhafter Bezug
- Abschreckende und herabwürdigende Ansprache („das weißt du nicht?!“ „das ist soo einfach!“) -> ermutigende Ansprache
- Englisch -> Deutsch
- Sichtbarkeit der Personen
- …
Vor einigen Wochen bin ich darauf gestoßen, dass ich mir auch den Weg genauer ansehen könnte.
Zugang – neue Sicht: der Weg
Was ist, wenn ich nicht nur die Tür, sondern den Weg betrachte?
Dann stelle ich mir die Frage:
Was braucht es alles, um an die Ressourcen zu gelangen?
Wenn ich an die Ressource „technische Fähigkeiten“ denke, fallen mir viele Antworten auf diese Frage ein. Einige habe ich im folgenden Bild notiert.

Und wie gelangst du an dieses „Alles“? Dafür möchte ich mir zwei andere Beispiele ansehen.
Sichtbares und Unsichtbares
Manchmal ist es klar, wie der Weg ist, d.h. wie mensch Zugang zu etwas bekommt.
Beispiele:
- Um manche Berufe ausüben zu können, braucht es einen Bildungsabschluss.
- Um unterwegs ins Internet zu gelangen, braucht es z.B. ein Handy und einen Mobilfunktarif mit Datenvolumen.
Das sind formale oder technische Voraussetzungen. Sie sind sichtbar. Sie wirken neutral und für alle erreichbar.
Es gibt aber auch vieles, was unsichtbar ist.
- Wie gelangst du an einen Bildungs- oder Berufsabschluss?
- Was braucht es, um unterwegs ins Internet zu kommen?
Die Frage ist: Wie gelangst du ans Ziel oder an die Ressource? Was sind Beispiele für unsichtbare Voraussetzungen?
Unsichtbares – Beispiel Beruf
Was braucht es alles, um einen (gut bezahlten, sicheren) Beruf zu ergreifen? Über die formalen Voraussetzungen wie einen Bildungsabschluss hinaus?
Ich beobachte, wie Menschen ihre Kinder unterstützen: Sie bringen sie dazu, sich mit Themen zu beschäftigen, erklären ihnen Dinge, helfen ihnen bei den Hausaufgaben und bei der Wohnungssuche. Diese Kinder wissen, dass sie diese Unterstützung haben.
Es braucht mehr, um einen bestimmten Bildungsabschluss zu erreichen.
- Wie kommst du auf die Idee, diesen Beruf zu ergreifen? Wie kommst du darauf, daran zu glauben, dass dieser Beruf etwas für dich sein könnte?
- Wie erlangst du die formalen Voraussetzungen? Brauchst du Nachhilfe und erhältst du welche? Wer unterstützt dich bei einer Bewerbung?
- Wer macht dich auf Ausschreibungen oder Förderprogramme aufmerksam?
- Wer stellt wen ein? Wer engagiert welche Personen?
- …
Solche Dinge sind unsichtbar.
Unsichtbares – Beispiel mobiles Internet am Handy
Was braucht es alles, um unterwegs das Internet nutzen zu können? Und was ist über das physische Gerät, das Handy, hinaus nötig?
Ich habe schon öfter dabei geholfen, ein Handy und einen Mobilfunktarif auszuwählen und einzurichten.
Um unterwegs surfen zu können, braucht es mehr.
- Wie finanzierst du alles?
- Weißt du wo du ein Handy kaufen kannst? Weißt du, welches Handymodell du nutzen kannst?
- Welchen Mobilfunktarif brauchst du? Wie gelangst du an ihn?
- Weißt du, wie du dein Handy einrichtest?
- Weißt du, wie du es benutzen musst? Woher weißt du das?
Solche Dinge sind unsichtbar.
Zugang – weitere Perspektiven
Durch die Verlagerung des Fokus von der Mauer auf den Weg haben sich weitere Aspekte ergeben.
Wenn ich es mir so ansehe, merke ich, dass der Fokus auch auf andere Dinge gelegt werden kann.

Beim Aufschreiben sind mir ein paar erste Fragen eingefallen.
Betrachten wir die Türen oder den Abbau der Hürden: Was ist nötig, um die Hürde zu beseitigen? Welche Türen/Zugänge gibt es?

Konzentrieren wir uns auf die Menschen ohne Zugang: Wie können sie befähigt und empowert werden? Wer hat welche Zugänge?

Fokussieren wir uns auf die Menschen mit Privilegien: Was macht es ihnen leicht(er)? Wie können sie den Weg freimachen? Verhindern sie Zugänge? Wer hat welche Zugänge?

Sehen wir uns die Ressourcen an: Um welche Ressourcen geht es? Welche anderen Ressourcen können betrachtet werden? Wer kontrolliert diese Ressourcen? Wie können sie verteilt werden?

Zusammengefasst kann der Fokus somit auf die einzelnen Aspekte oder auf ihre Beziehung zueinander gelegt werden:
- Mauer/Hürde
- Weg zu den Ressourcen
- Türen
- Menschen ohne Zugang zur Ressource
- Menschen mit Zugang zur Ressource, Menschen mit Privilegien
- Ressourcen
Was tun für Zugänge?
Das Thema „Zugänge“ ist ziemlich komplex. Komplexer als ich bisher dachte. Andererseits ist das nicht überraschend, denn sonst wäre es nicht so schwierig.
Was kann nun getan werden, um Zugänge zu schaffen?
- Dinge sichtbar machen
- Zugänge erleichtern
- Hürden abbauen
Die oben beschriebenen Perspektiven auf das Thema können einiges vielleicht sichtbarer machen.
Auf meiner Startseite steht: Wer hat welche Zugänge? Wie können Zugänge geschaffen werden? Diese Fragen müssten differenzierter oder umfassender sein. Ein guter Einstieg könnte folgende Frage sein:
Was braucht es alles für Zugänge?
Welche Zugänge hast du? Welche Zugänge hast du nicht?
Welche Möglichkeiten hast du, um anderen Zugänge zu verschaffen?
Zu Beginn hatte ich dich gefragt, welches Bild du hast, wenn du an nicht vorhandene Zugänge denkst. Welche Perspektiven siehst du? Schreib sie mir sehr gerne.
📚 Zusätzliche Informationen
- *TLDR: Too long, didn’t read = Zusammenfassung
- Medium Artikel von Joan Westenberg Everything is a Distribution Problem (engl., hinter einer Paywall). Dieser Artikel hat mich darauf gebracht, beim Thema Zugang den Weg zu betrachten. Der Begriff „distribution“ (Verteilung) ist im Sinne von Softwareverteilung zu verstehen. Es geht nicht um Machtverteilung sondern um das Ausrollen von Software und welche Infrastruktur es dafür braucht.